27
Dez
2006

Summer in Chicago (Ausschnitt aus d. 3. Kapitel)

So kam er immer wieder hierher, zum Luftholen, Ausatmen, Nachdenken, füllte die Seiten seines amerikanisch gelben Notebooks mit zusammenhanglosen Notizen, die er nachts, wenn der Computer wie ein schlafendes Kind im Rhythmus vor sich hin brummte, in die schwarze Tastatur hämmerte,

Und er wünschte sich, endlich vorzudringen in den wirklichen Kern, ein paar mehr Antworten auf seine Fragen zu finden, die immer bohrender wurden – auch wenn er sich längst von dem Gedanken losgesagt hatte, die Welt im Grundsatz erklären, vielleicht gar verstehen zu wollen,

dieser Frisch hatte sich wegtragen lassen von der Anmut, der Grandezza seiner L., von dem irrigen Gefühl, die Schwebe des Lebendigen oder der Reiz des Neuen könne sich herüberretten lassen in den grauen Alltag – und Du fragst Dich, einigermaßen bitter, ob es am Ende doch nicht mehr ist, als das sehr umständliche, im Grunde selbst belügende Drumherum um den einen Akt, das Kopulieren, das lustvolle Stöhnen, das Rausreinrausrein, und da, das mußt Du zugeben, holt Dich Deine ganz eigene Geschichte ein –

ist nicht der Irrtum, es könne grundsätzliches, wirkliches Verständnis zwischen den Menschen geben, sowas wie der erste Anfang dafür, dass es irgendwann schiefgeht, scheitert, zerstört ist, nicht hinübergerettet? Wird nicht auch sie, fragst Du Dich, wird nicht auch sie am Ende zerscheitern und zugrunde gehen an ihrem Irrtum, der andere könne die eigenen Probleme wegblasen, weil er nicht abgenutzt, nicht gewohnt, eben neu ist? Wie weit kann man vor sich davonlaufen?

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Foto: fbt

Summer in Chicago

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