19
Okt
2006

Traum mit Marie -

(Natick, 13.10. 2006)


Ich will nicht mehr mit Dir spielen, Du bist doof. Max von nebenan ist viel netter als Du. Er hat das bessere Spielzeug, Deine Autos sind alle kaputt. Und Deine Computerspiele kenne ich alle schon. Das ist langweilig. Heul nicht, das ist blöd.
Marie hat ganz schnell geredet und ist weggerannt. Ihre Spielsachen hat sie auch mitgenommen. Ich werde alles meinem großen Bruder erzählen. Der wird Marie schlimm verhauen. Und ihren großen Bruder verkloppt er auch.
Als ich aufwachte, stand Marie neben meinem Bett und hat mich angelacht wie immer. Als wäre nichts geschehn. Als wären wir da füreinander wie am ersten Tag. Dann wachte ich wieder auf: Und wusste, Marie war wirklich weg. Einfach so. Ohne zu sagen, wo sie ist. Nun erklär mir, warum draußen die Sonne scheint, der Rasen gemäht werden will und die Autos vorbeibrummen, als wäre alles in Ordnung.

Diana singt . . .

Es mag ja sein, dass jenes sehr innige, natürlich romantische Lied aus der Feder Franz Schuberts (Musik) und Franz von Schobers (Text), das die heilenden Kräfte der Künste besingt, heutigen Menschen nicht mehr wirklich etwas sagen kann: „Du holde Kunst, in wieviel grauen Stunden, / Wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt, /Hast du mein Herz zu warmer Lieb entzunden, /Hast mich in eine beßre Welt entrückt!“ Und dann geht es weiter: „Oft hat ein Seufzer, deiner Harf entflossen, /Ein süßer, heiliger Akkord von dir /Den Himmel beßrer Zeiten mir erschlossen, /Du holde Kunst, ich danke dir dafür!“ Wem das ein bisschen innig vorkommt: Franz von Schober lebte von 1796 – 1882, also wohl zu anderen, als zu unseren sachlichen Zeiten.
Aber es gibt, zum Glück, Ersatz. Da ist, zum Beispiel, die neue Scheibe von Diana Krall: Irving Berlins „Isn’t this a lovely day“, mit Terell Staffords kommentierenden, wunderbar schönem Trompetensolo, und die Zeile „as long as I can be with you“ ist nicht mehr so traurig, wie sie eigentlich ist. Das Clayton/Hamilton Jazz Orchestra entfaltet auf dieser Scheibe Klänge, die herausdrängen aus den alten Jazzpfaden, die Klangteppich sind und Wutausbruch, je nachdem. Noch ein Beispiel, zum Schluss: Der „Boulevard of broken dreams“ ist eine wunderbar leise, melancholisch erzählte Geschichte: „I walk along the street of sorrow/The boulevard of broken dreams/Where gigolo and gigalette/Can take a kiss without regret/So they forget their broken dreams” (…) Es ist eine großartige, leis-melancholische Musik, die die Krall da abliefert, unbedingt hörenswert. Franz Schubert, der vieles für alle Zeiten gültig in Musik gesetzt hat, bleibt es auch – heute, vielleicht, wäre er ein Jazzer gewesen, oder ein Singer-songwriter, wer weiß.


Diana Krall, „From this moment on“, Verve records 06025 1705042 6
Foto: fbt

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